Multifunktional, strapazierfähig, stylish: Sportbekleidung muss viele Wünsche erfüllen.
20. August 2019

Mehr als Sportbekleidung

Was Sporttextilien heute leisten müssen

Wer beim Sport das Maximum von sich und seinem Körper verlangt, hat häufig ähnliche Ansprüche an seine Sportbekleidung. Dabei geht es nicht allein darum, möglichst professionell auszusehen, wenn es auf die Laufstrecke oder an die Geräte geht: Multifunktionale Sportbekleidung verspricht Mehrwerte in vielerlei Hinsicht und soll die Sportler und Fitness-Fans selbstverständlich auch optisch gut dastehen lassen. Für die Hersteller bedeuten diese Ansprüche einen anhaltenden Innovationsdruck – sowohl in technologischer Hinsicht wie in Designfragen.

Sport: Überall, jederzeit

Ein wichtiger Treiber dieser Innovationen ist der weitreichende Fitness-Boom, der nach wie vor ungebrochen ist. Der hohe Stellenwert des Sports – im Allgemeinen wie auch der von verbreiteten Freizeitsportarten – sorgt zudem dafür, dass er gewissermaßen allgegenwärtig wird. Als Bestandteil des Alltags, als Gesprächsthema mit Verwandten, Freunden und Kollegen und nicht zuletzt im Bereich Mode.

Mit Athleisure wurde ein neuer Trend geboren, der Sportbekleidung fest im alltäglichen Leben etabliert hat. Nicht nur beim Sport oder auf dem Heim- bzw. Rückweg ist sportliche Kleidung mittlerweile legitim, sondern genauso an manchem Arbeitsplatz, in der Schule, beim Einkaufen. Dadurch ändern sich aber gleichzeitig die Ansprüche an die Sportswear: Funktionalität alleine reicht nicht mehr aus, stattdessen müssen auch modische Aspekte berücksichtigt werden.

Athleisure ist nur ein Beispiel dafür, wie sich Sportbekleidung in jüngster Zeit entwickelt hat. Vielseitigkeit ist gefragt, genauso wie Effizienz. Maßgeblicher Faktor dabei: Die Sportbegeisterten selbst.

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Sport und Lifestyle

Die haben dafür gesorgt, dass Sport ein untrennbarer Teil des Lifestyles geworden ist. Der Faktor Social-Media hat es in diesem Zusammenhang nur leichter gemacht: Sich über neue Trends informieren, sie zu präsentieren oder gar selbst zu kreieren, das ist vielfach die Grundlage, auf der neue Sportbekleidung vermarktet und entwickelt wird.

Das kann sowohl für die Hersteller wie für die Nutzer ein immenser Vorteil sein. Denn dank dieser Konstellation bleibt der Markt ständig in Bewegung – und bringt ständig neue Produkte hervor. Der Tenor bei allen Bekleidungstrends ist die Erwartung eines Mehrwerts. Sportbekleidung muss heute, wie das Beispiel Athleisure schon gezeigt hat, einfach mehr können.

Hilfe bei praktischen Problemen

Beispielsweise bei ganz konkreten Problemen, die sich beim Sporttreiben ergeben, helfen. Transpiration gehört zu körperlicher Anstrengung dazu, doch während sich der unangenehme Geruch mit einer Dusche leicht vom Körper spülen lässt, bleibt er gerade in synthetischen Stoffen langfristig haften. Die Sportkleidung riecht dann – unabhängig davon, ob es sich dabei um Schuhe, Socken oder Shirts handelt – bereits vor dem Workout so, als wäre dieser längst absolviert worden.

Wo synthetische Textilien in puncto Passgenauigkeit, Funktion und vor allem Leichtigkeit in allen Sportarten punkten können. Grundsätzlich sind sie zudem von Vorteil, weil sie atmungsaktiv sind, schnell trocknen und für einen schnellen Transport von Feuchtigkeit von der Haut nach außen sorgen.

Genau hierin liegt allerdings das Problem, denn genau diese Feuchtigkeit sammelt sich an der Textiloberfläche und bietet zusammen mit der Körperwärme den idealen Nährboden für Bakterien. Die lassen sich selbst aus schnelltrocknenden Materialien nur noch schwer entfernen und verursachen dann einen bleibenden Geruch der Klamotten. Immerhin, für dieses Problem gibt es inzwischen unterschiedliche Lösungen:

  • Das Chemie-Textil-Unternehmen HeiQ aus der Schweiz hat „FreshTech“ entwickelt. Dabei handelt es sich um eine Beschichtung, die für eine Geruchsbindung sorgt und die mit den meisten Stoffen kompatibel ist. Prominenter Partner der Schweizer Firma ist übrigens der Outdoor-Ausrüster Patagonia.
  • Das niederländische Unternehmen Tanatex Chemicals hat mit „Lava Slurry“ ein Produkt entwickelt, das auf bestimmte Mineralien zurückgreift (Zeolithen), die ebenfalls Gerüche aufnehmen und einschließen können. Tatsächlich ist nicht einmal Waschen notwendig, um den Effekt zu erzielen.

Längst nicht die einzigen Innovationen, die es im Bereich Geruchsneutralisierung gibt. Viele der Technologien funktionieren auf Basis oder mit Hilfe von Silber, dessen antibakteriellen Eigenschaften schon lange bekannt sind. So handelt es sich bei Polygiene etwa um ein Silbersalz, das im jeweiligen Stoff verarbeitet ist. Auch hier sind namhafte Hersteller aus der Outdoor- und Sportbranche Abnehmer.

Von Cool-Touch bis Nachhaltigkeit

Der Umgang mit Gerüchen ist selbstverständlich kein neues Handlungsfeld und obwohl sich auch hier nach wie vor Verbesserungen erzielen lassen, experimentieren die Sportbekleidungshersteller in unterschiedliche Richtungen. Dazu gehört etwa die Cool-Touch-Technologie, die bei den Trägern entsprechend ausgestatteter Sportkleidung ein kühlendes Gefühl bewirkt.

Möglich wird dies sowohl mit speziellen Garnen, mit Fasermischungen oder Finishes. Cool-Touch ergänzt letztendlich die schon vorhandenen feuchtigkeitsabsorbierenden Eigenschaften und den UV-Schutz von synthetischen Textilien, um ein möglichst angenehmes Tragegefühl zu erreichen.

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Ein gutes Gefühl sollen Sportler auch bei den zahlreichen Kollektionen erhalten, bei deren Herstellung voll auf Recycling und Nachhaltigkeit gesetzt wird. Kaum ein Hersteller, der nicht wenigstens versuchsweise auf recycelte Stoffe zurückgegriffen hat. Selbst der Einzelhändler Tchibo setzt inzwischen auf nachhaltige Ressourcen für seine aktuelle Sportkollektion und verwendet bei der Produktion der Nylonfaser Econyl Meeresplastik, PET-Flaschen und Textilabfälle.

In diesem Sinne arbeitet der Global Player Adidas bereits seit 2015 mit der Umweltorganisation „Parley for the Oceans“ zusammen. Im Zuge dieser Partnerschaft entstehen aus Meeresmüll die bekannten Performance-Produkte wie Schuhe oder Fußballtrikots, in denen das zu Polyester aufbereitete Plastik verarbeitet wird. Adidas nutzt so seine Markenbekanntheit, um auf eines der drängendsten Umweltprobleme aufmerksam zu machen – und bedient gleichzeitig den Wunsch von Sportlern, die nicht nur preisbewusst einkaufen wollen, sondern eben auch nachhaltig.

Mehrwert durch mehr Funktion

Alle bis hierhin genannten Eigenschaften und Innovationen drehen sich dennoch in erster Linie um den unmittelbaren Nutzen für den Sport. Um das Thema Athleisure noch einmal aufzugreifen: Ein wichtiges Thema ist beispielsweise Multifunktionalität, die das Tragen von Sportbekleidung nicht nur bei der sportlichen Aktivität, sondern auch abseits davon erlaubt.

Daraus entstehen bisweilen ungewöhnliche Stoffkombinationen, zumindest auf den ersten Blick. Dass sich robuster Denim durchaus auch größerer Beanspruchung standhalten kann, ist zwar bekannt. Im Sportsektor kam der Stoff dennoch bislang nicht zum Einsatz. Durch die Entwicklungen des türkischen Denim-Spezialisten ISKO hat sich dies allerdings geändert, wenngleich laut Baris Ozden, dem Product Development Manager bei ISKO, der Zugang zur Sport- und Outdoorbranche zunächst schwierig verlief.

Auf der anderen Seite erfüllen die speziellen Denim-Fasern den Anspruch, Funktionalität mit Design zu verbinden, so dass die Produkte in verschiedenen Umgebungen eingesetzt werden können – als „normale“ Streetwear beispielsweise, die sich beim jedoch nicht so anfühlt und die Leistungsfähigkeit nicht beeinträchtigt.

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Einen nahtlosen Übergang zwischen verschiedenen Bereichen sollen auch Sportbekleidungsartikel unter dem Motto „Gym-to-Swim“ ermöglichen. Der Clou bei entsprechenden Sport-BHs und Sporthosen: Sie verfügen über all die Eigenschaften, die im Fitnessstudio oder beim Outdoor-Sport so geschätzt werden. Auf Atmungsaktivität, Feuchtigkeitsmanagement, schnelles Trocknen oder die hier angesprochenen Anti-Geruchsfunktionen muss also niemand verzichten.

Zusammen mit Synthetikfasern, die über eine extrem hohe Chlorresistenz verfügen, ist zum Beispiel für die Abwechslung bei der Aquafitness – genauso wie beim Schwimmen – kein zusätzliches Sportoutfit notwendig. Die Gym-to-Swim-Wear lässt sich in beiden Umgebungen gleichermaßen gut tragen.

Innovation ohne Stillstand

Ein Ende der Innovationen in der Sportbekleidungsbranche ist damit jedoch nicht erreicht, vielmehr ist mit immer komplexeren Technologien zu rechnen, um Schuhe, Hosen, Shirts etc. zu optimieren. Das beweisen unter anderem Wissenschaftler des Massachusetts Institute of Technology. Am renommierten MIT wird an einem Stoff für Sportkleidung geforscht, der selbstständig erkennen kann, wann er gelüftet werden muss.

Möglich wird dies durch – Bakterien. Diese wurden mit Hilfe eines Bio-3D-Druckers in den Stoff integriert. Sie reagieren auf Körperwärme und Feuchtigkeit und öffnen beim Auftreten von Schweiß die Poren des Stoffs, damit dieser umgehend durchlüftet werden kann. Das Beispiel zeigt auf verblüffende Art, welche Potenziale im Bereich der Produktion und Entwicklung von Sportbekleidung bislang noch gar nicht ausgeschöpft wurden.

Mit ihrem BIOLOGIC-Projekt haben die MIT-Wissenschaftler jedenfalls einen weiteren Schritt in Richtung intelligenter Sportkleidung gemacht. Denkbar also, dass solche Technologien in Zukunft auch auf dem Massenmarkt eine Rolle spielen und für ein optimales Tragegefühl beim Sport sorgen.